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Der unbefristete Schwindel

Erschienen am: Di, 15.09.2009

Unsere Invalidenversicherung ist in arger Schieflage, seit bald 20 Jahren. Auch die in den Jahren 2004 und 2008 in Kraft getretenen Revisionen führten nicht zu einer wirklichen Genesung. Nun soll die Abstimmungsvorlage über die befristete Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung durch Anhebung der Mehrwertsteuersätze einen Grossteil der Probleme lösen. Würde sie dies tatsächlich? Wird nicht einfach versucht, das bislang mit Wattebäuschen geflickte, noch immer bodenlose Fass mit Geld zuzudecken?

Weiterhin unbeantwortet bleiben die ausgabenseitigen Unkorrektheiten. Ohne den unbestrittener massen Grossteil der IV-Bezüger blindlings vorverurteilen zu wollen, ist sich vor Augen zu führen, dass sich in der konkreten IV-Sanierung nur dann etwas bewegen lässt, sofern der finanzielle Druck aufrecht erhalten bleibt.

Geschickt haben die Befürworter der Abstimmungsvorlage der Steuerthematik etwas Wind aus den Segeln zu nehmen versucht, indem die Mehrwertsteuersätze lediglich befristet erhöht werden sollen. Die folgenden Beispiele befristet eingeführter Steuern in der Vergangenheit, sollen den Stimmbürger jedoch nachdenklich machen:

    Die „Wehrsteuer“ war eine 1940 eingeführte Bundessteuer und wurde bei Einführung auf die Dauer des 2. Weltkrieges befristet. Sie wurde 1983/1984 in „Direkte Bundessteuer“ umbenannt und stellt mit aktuell jährlich rund CHF 14,3 Mrd. (Milliarden, nicht Millionen!) nach der Mehrwertsteuer die zweitwichtigste Einnahmenquelle des Bundes dar.
    Die Autobahnvignette wie auch die Schwerverkehrsabgabe wurden auf zehn Jahre befristet, müssten also heute längst wieder Geschichte sein. Beide wurden nicht abgeschafft, sondern definitiv eingeführt und kräftig erhöht. Die Autobahnvignette um einen Drittel, die Schwerverkehrsabgabe generiert heute mehr als das Zehnfache als zum Zeitpunkt ihrer Einführung. Und die nächste Erhöhung dieser Steuer ist beschlossene Sache, obwohl beide längst wieder abgeschafft sein müssten.


So verkommen die folgenden Äusserungen der sich familien- und wirtschaftsfreundlich nennenden Parteien zum unglaubwürdigen Rohrkrepierer:

    Parteiprogramm der CVP Schweiz vom 18. September 2004: „Wir stärken den Mittelstand. Wir schützen ihn vor übermässigen Steuern und Sozialabgaben.“
    Medienmitteilung der FDP Schweiz vom 1. Oktober 2007, markanterweise kurz vor den Parlamentswahlen: „Die FDP wird weiter für einfache und tiefe Steuern kämpfen.“

Die Umsetzung dieser beiden verheissungsvollen, werbewirksamen Versprechungen lässt auf sich warten. Vielmehr bewegen sich beide Parteien in die entgegen gesetzte Richtung. Der Bürger wurde brandschwarz angelogen und hinters Licht geführt. Und ein weiteres Mal wird ihm Sand in die Augen gestreut.

Wer glaubt, die IV mit einem vorübergehenden Hosenlupf auf Vordermann bringen zu können, ist reichlich naiv. Statt die Missbräuche konsequent zu unterbinden, wollen die Mitte-Links-Parteien den Schlendrian mit finanziellen Mitteln zudecken und weiterführen. Ist die Zusatzfinanzierung vollzogen, wird die 6. IV-Revision nicht mit der notwendigen Konsequenz an die Hand genommen.

Auf eines kann sich der Bürger gefasst machen: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden die Mehrwertsteuersätze nach Ablauf der Siebenjahresfrist nicht reduziert. Die Erfahrung beweist vielmehr das Gegenteil!

Das Stimmvolk ist daher gut beraten, wenn es neuen - auch angeblich befristeten - Steuern misstraut und diese grundsätzlich verweigert. Insofern empfehle ich, die Volksabstimmungsvorlage über die angeblich befristete Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung durch Anhebung der Mehrwertsteuersätze mit einem Nein zu bedienen.

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